Wer sehen will, muss die Augen schließen.
– Paul Gaugin
Worauf richtest du deinen Blick und deine Bemühungen?
- Heutzutage wird beinahe jede Anstrengung vollbracht, um das, was für wesentlich gehalten wird, auch sichtbar zu machen. Nur dann erhält es die gewünschte Aufmerksamkeit. Dabei ist das Wesentliche nicht immer sichtbar oder greifbar.
- Heute darfst du deinen Badezimmerspiegel dekorieren. Beschrifte ihn. Mt Lippenstift oder Fensterkreide. Schreibe: „Gott schenkt mir Ansehen.“ Und lass diese Wahrheit täglich beim Blick in den Spiegel tief in dein Herz sinken und durch deine Adern fließen. Jeden Tag auf’s Neue darfst du entscheiden, woher dein Ansehen kommt. Wem dein eigener Blick gilt. Was du nicht übersehen möchtest. Wo du wegguckst, hinsiehst und noch genauer hinsiehst.
- Und ich schenke dir noch ein Märchen. Es ist ein wenig traurig. Trotzdem mag ich es. Denn es macht deutlich, worauf es gerade in Beziehungen ankommt: offen zu sein. Und nicht nur alles, was messbar, zählbar, offensichtlich ist, wahrzunehmen. Sondern gerade auf das zu achten, was man eben nur mit dem Herzen sehen kann. Manchmal zählt eben: Mehr Herz als Verstand!
Das Märchen handelt von einem Mann, der eine wunderbare Rinderherde hatte. Eines Tages aber gaben die Rinder keine Milch mehr. Er wundert sich, versucht allerlei, nichts hilft. Schließlich legt er sich nachts auf die Lauer und sieht, wie wunderschöne Frauen von einer Himmelsleiter herabsteigen und die Tiere melken. Als sie ihn bemerken, fliehen sie zum Himmel hinauf. Aber eine von ihnen, die Allerschönste, bekommt er zu fassen. Sie wird seine Frau, und sie leben glücklich und zufrieden miteinander. Nur eines stört ihn: als er sie eingefangen hat, hat sie einen Korb bei sich und verbietet ihm, je hineinzusehen. Eines Tages, als sie nicht da ist, schaut er doch hinein – und muss lachen. Als seine Frau heimkommt, weiß sie sofort was los ist. Sie sagt weinend zu ihm: „Du hast in den Korb geschaut!“ Der Mann aber lacht nur und sagt: „Du dummes Weib, was soll das Geheimnis um diesen Korb? Da ist ja gar nichts drin!“ Aber noch während er das sagt, geht sie weg und wird nie wieder gesehen.
Und das Märchen endet mit der Frage: „Wisst ihr, warum sie wegging? Sie ging nicht, weil er sein Versprechen gebrochen hatte. Sie ging, weil er die schönen Sachen, die sie für ihr gemeinsames Leben vom Himmel mitgebracht hatte, nicht sehen konnte und darüber sogar noch lachte.“
Ich wünsche dir heute den Blick des Herzens. Und vor allem wünsche ich dir für jetzt und ab jetzt: Ruhe und Frieden und ein immer langsamer Werden. Ab sofort.
Alles Liebe und bis morgen, ich freue mich auf dich,
Deine Irene
FOTO: Franziska Klepper