Ich habe jeden Tag die Wahl.
Die Wahl, mich zu ärgern. Und die Wahl, glücklich zu sein.
Ich könnte über die Essensreste klagen, die nach jeder Mahlzeit auf den Stühlen, auf dem Tisch und unter dem Tisch verteilt sind. Ich könnte stöhnend unter den Tisch kriechen und mit vorwurfsvoller Miene alles auffegen.
Ich könnte aber heute auch einfach dankbar sein, dass wir jeden Tag reichlich zu essen haben. Und dass unter unserem Tisch sogar ziemlich oft Croissant- und Kuchenkrümel zu finden sind.
Ich könnte mich aufregen, dass an so gut wie jedem Abend unser Hausflur mit Dreck vom Garten und der Asche vom Fußballplatz verziert ist, nachdem ich ihn doch gerade erst am Morgen geputzt hatte.
Ich könnte mich aber heute auch einfach freuen, dass unsere Haustür so gut wie nie still steht. 5 Menschen hier täglich ein- und ausgehen. Kleine und große Freunde durch den Flur in die verschiedenen Zimmer geschleust werden. Hier der Platz für 15 wärmende Jacken, 20 Paar trockene Schuhe, 3 Schulrucksäcke und zwei Bürotaschen ist.
Mir könnte fast jeden Tag der Kragen platzen, sobald ich das Zimmer meiner Tochter betrete und ich direkt in´s Chaos hineinspaziere. Das könnte immer dann passieren, wenn ich sehe, dass die Schwerkraft über sämtliche Gegenstände wieder einmal gesiegt hat.
Ich könnte mir aber heute meine gute Laune einfach mal nicht verderben lassen und den erzieherischen Rundumschlag dieses Mal auslassen. Und ich könnte mich freuen an meinem extrovertierten und kreativen Kind, das eigentlich immer ausufernd spielt, bastelt und malt, nur dummerweise das kleinste Kinderzimmer abbekommen hat. Und das schon aufräumen wird, nur eben dann, wenn es ihr passt. (Vorzugsweise abends ab 21 Uhr.)
All das sind Spuren des Lebens in unserem Haus.
Und wo gehobelt wird, fallen schließlich Späne, oder?
Ich habe immer zwei Möglichkeiten.
Recht haben und sich ärgern oder glücklich sein.
Ich kann mich darüber ärgern, „dass ich hier immer die Blöde bin’’. Ich kann schlechte Laune haben und meinen Frust großzügig weiter reichen.
Aber ich kann mich heute auch dafür entscheiden, meine Kinder zu erziehen und gleichzeitig gute Laune zu haben. Das geht!
Ich kann mich für einen guten Tag entscheiden und mich am Ende darüber freuen, dass ich mich von Chaos, Krümeln und Dreck nicht habe einfangen lassen. Ich kann meine Sicht auf die Dinge ändern. Ich kann mein Herz hin zur Dankbarkeit wenden.
Ärger oder Glück.
Foto: unsplash | Meg Boulden