Im Terminkalender steht heute: Klavier.
Aber meine Große streikt.
Sie sitzt immer seltener freiwillig am Instrument.
Sie will am liebsten überhaupt nicht mehr zum Unterricht.
Und ich bekomme deswegen Stress mit ihr.
Aber sie sagt:
Ich will es nicht.
Es ist mir zu viel.
Soll ich ihr erlauben, aufzugeben?
Sollen wir den Lehrer wechseln?
Soll ich versuchen, sie neu zu motivieren?
Muss sie lernen, sich an dem Punkt durchzubeißen?
Durchbeißen klingt gut.
Aber Klavierunterricht ist ein Termin.
Einer, der Freude machen kann.
Aber es ist ein Termin.
Ein weiterer Termin in der knappen Freizeit.
Eine Stimme in mir sagt: Lass sie.
Du musst ihr nicht alles bieten.
Du musst keine Angst haben, dass sie etwas verpasst.
Nimm ihre wahren Bedürfnisse in den Blick:
Freie, unverplante Zeit mit sich selbst.
Zeit für Geschwister und Freunde.
Zeit für alle anderen Begabungen, die in sie gelegt sind.
Begabungen, die wachsen und reifen.
Ganz ohne unser Zutun.
Zeit für Nähe und Gespräche.
Zeit, Augenblicke zu verschleudern.
Zeit, Kind zu sein.
Und aus diesen Gedanken wird ein fröhliches Erkennen.
Ich darf loslassen!
Mein Kind ist sich seiner selbst sehr bewusst.
Sie übernimmt Verantwortung für IHR Leben.
Sie kennt ihre Gefühle und sie traut ihnen.
Sie setzt Grenzen.
Sie legt fest, wem ihre Zeit und Liebe gehört.
Indem sie sagt:
Ich will es nicht.
Es ist mir zu viel.
Was für ein Wille.
Was für eine Kraft.
Welch Klarheit!
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