„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?“
Diese Zeilen schrieb Schalom Ben-Chorin 1942. Er floh 1935 als bedrohter Jude aus Nazi-Deutschland und musste im Exil in Jerusalem ohnmächtig beobachten, wie sein Volk in Europa verfolgt und vernichtet wurde. Beim Lesen seines Gedichts „Das Zeichen“ stelle ich mir vor, wie Ben-Chorin an manchen Tagen verzagt und hoffnungslos, von der leisen Botschaft des Mandelbaums angerührt und getröstet wird. Denn der Mandelbaum blüht, wenn ringsherum noch alles kahl ist und auf den hohen Bergen Jerusalems immer noch Schnee liegt.
Auch auf meiner Fensterbank blüht seit einigen Tagen ein Forsythienzweig aus unserem Garten.
Staunend habe ich beobachtet, wie aus dem tot aussehenden Zweig innerhalb weniger Tage eine Schönheit wurde.
Etwas Neues kam in die Welt, ganz sanft und voll Kraft von innen heraus.
Und das Beste war: Ich wusste es.
Ich war in Erwartung.
Und heute, an diesem neuen Tag, möchte ich dir Mut zusprechen.
Egal wie es dir heute geht.
Vielleicht nach einer schlechten Nacht und der Müdigkeit.
Mit der Trauer.
Den Sorgen.
Der Krankheit.
Der Enttäuschung.
Der Aufregung.
Der Mutlosigkeit.
Weil manchmal einfach alles zu viel ist.
Und zu schwer.
Dir möchte ich heute Morgen sagen, dass du nicht immer nur blühen musst.
Sondern viel Zeit und viel Ruhe nötig ist, um Kraft für neue Triebe zu sammeln.
Sei gewiss, dass du wieder aufblühen wirst.
Auch wenn du das heute nicht glauben kannst.
Weil du es noch nicht siehst.
Hab Geduld!
Du wirst aufblühen.
Gott wird bestätigen und bekräftigen, was da aufbricht.
Er beschützt, was da Neues entsteht.
Er selbst wird darüber wachen.
Vertrau!
Hoffnung wird wachsen und es wird wieder anders werden.
Besser. Leichter. Freier. Und sorgloser.
Gib diesem Gefühl und dieser Sehnsucht nach und nach mehr Raum und lass es wachsen.
Winterzeiten sind die Zeiten, in denen Unglaubliches in und an uns geschieht.
„Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt, das bleibt mir ein Fingerzeig, für des Lebens Sieg.“
„Das Wort des Herrn erging an mich: Was siehst du, Jeremia? Ich antwortete: Einen Mandelzweig. Da sprach der Herr zu mir: Du hast richtig gesehen; denn ich wache über mein Wort und führe es aus.“ (Jer 1,11f)