Alles soll möglich sein für den, der glaubt?
Jesus, weisst du eigentlich, was du uns da zumutest, mit diesem Satz?
Dieser Satz passt nicht.
Er passt einfach nicht zu den letzten stürmischen Nächten und diesem nasskalten Montagmorgen.
Er passt nicht zu den schwierigen Kollegen im Büro.
Er passt nicht zu dem Verlust der Arbeit.
Er passt nicht zur enttäuschten Liebe.
Er passt nicht zu Krankheit und Leid und nicht zum Sterben eines geliebten Menschen.
Er passt nicht zum Stress, nicht zum Streit zwischen Nachbarn und Nationen und all den anderen Krisen und Schwierigkeiten.
Er passt nicht, weil sich das alles sehr „unmöglich“ anfühlt. Kaputt. Vergeblich.
Er passt nicht und er ist einfach zu steil. Steiler geht´s nicht.
Sollst du das wirklich so gesagt haben?
Solltest du wirklich gemeint haben: „Glaub nur, dann wird dein Kind gesund!“. „Glaub nur, dann macht Gott deinen persönlichen Abstieg rückgängig und alles wird wieder gut.“?
Jesus, du hättest doch wissen müssen, dass deine Worten gebraucht werden, um Versprechen in die Welt zu setzen, die du dann einhalten musst. Du hättest doch wissen müssen, dass unbedachte Leute damit Suchende, Zweifelnde und Leidende in die Irre führen werden. Dass wir Menschen diesen Satz aus dem Zusammenhang reißen und ihn zur Lösung aller Probleme benutzen werden.
Jesus, du hättest wissen müssen, dass wir diesen Satz wörtlich nehmen werden!
Jesus, dieser Satz ist doch wohl keine fromme Zauberformel, die alles in Erfüllung gehen lässt, was ich mir wünsche. Er bedeutet doch wohl nicht, dass du alle meine Gebete beantwortest mit einem: ´Geht klar!`. Und auch nicht, dass du alles tun wirst, was ich glaube. Und dass „mir alle Dinge möglich sind“ heißt doch wohl auch nicht, dass ich alle Dinge selbst bewirken kann. Ohne dich.
Aber – Jesus, ist das möglich?
Hör mal, ist es möglich, dass du meintest, dass alle Dinge tatsächlich „möglich“ sind?
Weil ich an dich glaube? An den Schöpfer des Himmels und der Erde? Und weil sich mein Glaube auf den Vater im Himmel beruft, der alle Macht hat, zu tun und zu ändern?
Heißt „glauben an dich“ womöglich, „Alles“ für „möglich“ zu halten?
Dass mein Kopf und mein Herz die Dinge sozusagen in die Schublade „möglich“ einsortiert?
Ach, Jesus, du siehst mich doch.
Du kennst mich und mein Leben. Meinen Alltag. Du liest meine Gedanken und hörst meine unvollkommenen Gebete. Du siehst meine schwache Überzeugung, dass ich dir alles zutraue. Und wenn ich ehrlich bin, dann ist es wirklich so, dass einige meiner Wünsche, Sehnsüchte und Träume in der Schublade „nicht möglich“ gelandet sind. Manche sogar schon ziemlich lange.
In der Geschichte im Markusevangelium hört der Vater des kranken Jungen ja genau diesen steilen Satz von dir, Jesus: „Alles ist möglich für den, der glaubt.“ Und ihm muss schlagartig bewusst gewesen sein, dass die Heilung seines Kindes in Wahrheit in der Schublade „unmöglich“ liegt. Und in ihm muss mit einem mal ganz groß geworden sein, dass er das nicht mehr will. Sondern neu vertrauen. Neu für möglich halten. Neu glauben. Und deshalb hat er sich wohl mit diesem verzweifelten Ausruf an dich gewandt: „Ich glaube ja – und brauche doch, dass du mir in meinem Unglauben hilfst!“.
Jesus, kannst du auch mir helfen?
Kannst du mir helfen, nicht mehr nur um meine Umstände und Schwierigkeiten zu kreisen, sondern die Möglichkeiten in den Blick zu nehmen?
Ich brauche sie so sehr, deine Hilfe.
Ich brauche Ausdauer. Geduld. Disziplin.
Und ich brauche das Gebet der anderen.
Wie gerne möchte ich so Vieles aus der „unmöglich“-Schublade meines Herzens nehmen und wieder für „möglich“ halten!
Wieder vertrauen. Wieder glauben.
Jesus, die Bitte des Vaters und sein vertrauensvoller Blick auf dich ist so ein guter, erster Schritt nach vorne. Das macht Mut, meine Schublade im Herzen vorsichtig zu öffnen. Meine „Un-Möglichkeiten“ anzuschauen. Und zu dir zu rufen:
Ich glaube!
Hilf meinem Unglauben!
Jesus sagte zu ihm: „Alles ist möglich für den, der glaubt.“ Da schrie der Vater des Jungen auf: „Ich glaube ja – und brauche doch, dass du mir in meinem Unglauben hilfst!“
Markus 9, 23&24
- Was soll in meinem Leben (wieder) möglich werden?
Foto: Emgert Zondervan