Maria

Maria lächelt mild und hold.

Sie hält das Neugeborene auf dem Arm. Es ist ein hübsches kleines Kind.

Neben ihr, aber etwas im Hintergrund: Josef.

Am Himmel schweben die Engel. 

Ochs und Esel schauen neugierig herüber.

Der Stall: ordentlich und sauber. 

Alles schimmert golden und ist in ein warmes Licht getaucht.

Wohlvertraute Bilder.

Die Heilige Familie.

Aber heile Welt?

Gott wurde Mensch. Kam in einem Stall zur Welt. 

Ich stelle mir das gerne ganz menschlich vor. Nicht so schön und nicht so romantisch. 

Maria ist ein junges Mädchen. Mit sechzehn Jahren schwanger. 

Die eigenen Pläne von heute auf morgen durchkreuzt. Familie wollte sie schon. Aber irgendwann später. 

Doch Maria fügt sich Gottes Plänen. Sie nimmt das Kind als Geschenk an und lernt es lieben.

Josef bleibt trotz allem bei ihr. 

Die beiden haben fast nichts.

Und dann die Geburt im Stall, nicht mehr als eine armselige Hütte.

Zuvor die anstrengende Reise nach Bethlehem. 

Maria ist nur noch müde. Und gerade jetzt kommt das Kind.

Die ersten Wehen. Ziehende Schmerzen.

Josef ohnmächtig dabeistehend. Wenig helfen könnend. Ungeschickte Handgriffe, um die Situation zu erleichtern. Immer wieder schaut er, dass das schwache Licht der Laterne nicht ausgeht.

Maria presst und schreit. Es ist ein sich wehren und ein sich dann doch hineingeben in das Unaufhaltbare.

Das Nachlassen der Kräfte und wieder ein fast zerreißender Schmerz.

„Maria!“, ruft Josef, „das Köpfchen, ich sehe es schon! Du hast es gleich geschafft!“

Und dann ist es da. 

Gott sei Dank.

Das Kind ist da. 

Blutverschmiert, schreiend. Das kleine Gesicht rot und verknautscht.

Erleichterung und Erschöpfung bei Maria.

Josef wischt mit Stroh das Blut und die Nachgeburt auf.

Macht Wasser heiß und wäscht vorsichtig das Kind. 

Maria legt das Kleine zum ersten Mal an die Brust.

Dann endlich ein tiefer Schlaf für alle drei…

Du schüttelst mit dem Kopf? 

Dreck, Blut, Schmerzen und Ausscheidungen in der Weihnachtsgeschichte! Muss das sein?

Doch. Tut mir leid. Das muss sein. Denn weißt du, es ist so ein gewaltiges Bild von Maria und dem Kind. Viel gewaltiger und berührender als die perfekte Kulisse für schöne Weihnachtspostkarten. Es zeigt mir nämlich, dass Gott sich auf alles Unperfekte, auf unsere gebrochene Menschlichkeit einlässt.

Gott ist MIT uns. Ganz und gar. Er ist mit uns bei Schmerz, Müdigkeit, Schweiß und Tränen. Mit uns bei dem, was unangenehm ist, aber doch unverwechselbar zum Menschen gehört.

Wenn Gott zur Welt kommt, macht er keine halben Sachen. Er macht es ganz!

Marias Vertrauen und ihr Weg durch die Heilige Nacht zeigt mir, was es heißt, sich Gottes Plänen hinzugeben. Auch bei schweren, mühsamen Aufträgen. Sie weicht nicht aus. Sie tut voller Hingabe das, was notwendig ist. Sie nimmt liebevoll an, was Gott ihr zuweist. Es wird zu ihrer Lebensaufgabe.

Maria wird zur Zeugin der Liebe Gottes und das wünsche ich dir auch: Die Kraft, dass du dich ihrem Lobgesang anschließen und etwas Neues in diese Welt bringen kannst.

Möge Gott dich heute stärken wie ein guter Vater und eine gute Mutter.

Jesus Christus helfe dir, das zu tun, was notwendig ist.

Der Heilige Geist erfülle dich mit der Demut, die dich stark macht.

Amen

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