Meine Oma Rosel

Heute vor 100 Jahren wurde meine Großmutter geboren.

Am 24. Mai 1924.

Rosa Luise wurde sie genannt. Man erzählt sich, dass mein Urgroßvater auf dem Weg zum Standesamt in aller Aufregung die Vornamen des kleinen Mädchens verwechselte. Urgroßmutters Wunsch war: Luise Rosa.

Aber so: keine Luise! Eine Rosa!

Meine Oma Rosel.

Bauernkind, Bauersfrau, einen großen Hof verwaltend.

Im dritten Reich zur jungen Frau herangewachsen.

Den Bruder, den Hoferben, im Krieg verloren. Damit auch den Glauben an einen gütigen Gott.

Später, unter den Kommunisten, viele Kompromisse eingehen müssend. Und immer schwer arbeitend. Große, kräftige Hände, starke Arme. Wundervolle Köchin und noch bessere Bäckerin.

Im Hühnerstall, beziehungsweise daneben in der Scheune, standen mehrere Motorräder. Auf einem davon fuhr sie Tag für Tag, bei Wind und Wetter zur LPG, Rinder züchten.
Die motorradfahrende Oma – das war meine.


Oma mit meiner Mama kaffeekochend am Tag meiner Taufe im Oktober 1976

Mit meiner Mutter kam sie nicht gut zurecht. Und meine Mutter nicht mit ihr. Zu verschieden. Meine Mutter mochte keine Hofarbeit, meine Mutter liebt Bücher und das Leben in Leipzig und Altenburg. Doch mich hat Rosel geliebt und ihr Leben lang verwöhnt – die einzige Enkelin.

So bedingungslos und verschwenderisch wie Großmütter in ihrer Liebe sind.

Ich sehne mich an manchen Tagen sehr nach dieser Oma. Nach der großen Freiheit im kleinen Remsa auf dem Land. Nach unbeschwerten Ferientagen. Nach Omas Makkaroni mit Tomatensoße. Ihren zehn verschiedenen Kuchensorten zum Geburtstag. Nach der riesigen Kühltruhe voll mit Eis am Stiel. Nach dem Bauerngarten mit Blumen, Obst und Gemüse, in dem sie verschwand und mit beiden Händen in der Erde grub, wenn sie sich entspannen wollte.

Vielleicht sehne ich mich manchmal nach der Kindheit.

Was an Liebe von ihr mir ward, ich konnte es ihr nicht vergelten.
Wer kennt als Kind schon den Wert dieser Gabe?

 

Gefeiert wurde immer gern. Wie schön, hier – etwa 1955 –  meinen Opa, meine Oma, meine Mama und einen der Knechte so fröhlich lachen zu sehen!

Fotos: privat

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Auf der Suche nach allem Wahren, Guten & Schönem in diesem und im nächsten Leben.

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