Weil heute Barbaratag ist, schneide ich einen Zweig von meinem Kirschbaum.
Es ist ein Winterzweig:
Ohne Blätter.
Ohne Farbe.
Karg.
Nackt.
Schutzlos.
Er nimmt sich Zeit, um sich zu erholen vom letzten Jahr.
Von den Durststrecken und den Stürmen.
Von den Früchten.
Den guten und den verfaulten.
So sammelt er seine Kräfte in Zweigen, Stamm und Wurzeln.
Ich gehe ins Haus und stelle den Zweig ins Wasser.
In die Wärme.
Länger tut sich nichts.
Wasser wechseln, abwarten, hoffen.
Wasser wechseln, warm halten, warten …
Mit der Heiligen Barbara warte und hoffe ich.
Darauf, dass die Zweige an Heiligabend blühen.
Mir etwas vom kommenden Frühling erzählen werden.
Von Verwandlung und Veränderung.
Und davon, dass auch in mir etwas aufblüht.
Die Zweige erinnern mich auch an die Geduld.
An das Lesen, beten, horchen.
Ausschau halten, warten, wieder beten, hoffen …
Gut, dass es solche Gedenktage gibt.
Sie zeigen mir mehr, als ich gerade weiß und habe.
Ein Zweig aus seinem Baumstumpf wird Frucht bringen. Der Wolf wird beim Lamm zu Gast sein, der Panther neben dem Ziegenböckchen liegen; gemeinsam wachsen Kalb und Löwenjunges auf, ein Kind kann sie hüten.
Jesaja 11,1&6